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La Salette – Marienerscheinungen (II)

 

Jetzt wechselt die schöne Frau vom Französischen in die Mundart. Nachdem sie die vorhergegangene Passage noch einmal wiederholt hat, setzt sie fort:

„Wenn ihr Getreide habt, so sät es nicht! Alles, was ihr sät, werden die Tiere fressen und was etwa aufgeht, wird beim Dreschen zu Staub zerfallen. Es wird eine grosse Hungersnot kommen. Bevor die Hungersnot kommt, werden die Kinder unter sieben Jahren von einem Zittern befallen und werden sterben in den Händen jener, die sie halten. Die anderen werden durch die Hungersnot Busse tun. Die Nüsse werden wurmstichig, die Trauben werden verfaulen.

 Dann ermahnt sie die Kinder am Morgen und am Abend zu beten und fährt fort: „Im Sommer gehen nur ein paar ältere Frauen zur Messe. Die anderen arbeiten an den Sonntagen den ganzen Sommer hindurch. Im Winter, wenn sie nicht wissen, was sie tun sollen, gehen sie zur Messe aber nur um sich über die Religion lustig zu machen. In der Fastenzeit laufen sie wie die Hunde in die Metzgerei. Habt ihr nie verdorbenes Getreide gesehen Kinder?“ „Nein“, antworten die beiden. Danach wendet sich die schöne Frau an Maximin: „Aber du, Kind, musst schon solches gesehen haben, in der Gegend von Coin, mit deinem Vater. Der Besitzer des Feldes sagte zu deinem Vater: Kommt und seht, wie mein Getreide verdirbt! Ihr seid dann hingegangen und habt zwei, drei Ähren in die Hand genommen und zerrieben und alles ist in Staub zerfallen. Dann auf dem Heimweg, als ihr nur mehr eine halbe Stunde von Corps entfernt ward, gab der Vater dir ein Stück Brot und sagte: Nimm, mein Kind und iss noch Brot, denn ich weiss nicht, wer im nächsten Jahr noch Brot hat, wenn es mit dem Getreide so weitergeht! Und Maximin erinnert er sich an diesen Vorfall in allen Einzelheiten.

 Die schöne Frau schliesst mit den Worten: „Nun, Kinder, teilt dies meinem ganzen Volk mit.“ Alles ist gesagt. Die Frau steigt einen steilen, gewundenen Pfad hinauf. Oben angelangt, löst sie sich im Licht auf: langsam verschwinden Kopf, Schultern und der Rest des Körpers. Maximin, der noch eine Rose am Fuss der schönen Frau erblickt, versucht diese zu ergreifen, seine Hand schliesst sich leer.