Vierte Erscheinung der Gottesmutter in der Cova da Iria
19. August 1917 (Valinhos)
Am Morgen des 13. August lag eine gespannte Stimmung über den Häusern von Lucia sowie Francisco und Jacinta. Bereits am Vorabend waren Pilger aus allen Teilen Portugals in großer Zahl nach Fatima geströmt, in der Hoffnung, der nächsten Erscheinung der Gottesmutter beizuwohnen.
Doch die kirchenfeindliche Staatsmacht hatte sich inzwischen lautstark zu Wort gemeldet. Sie sah in den Vorgängen von Fatima nichts anderes als eine List der Kirche, die sich angeblich gegen die Interessen des Staates richtete. Erst kurz zuvor hatte man öffentlich erklärt, dass der Gottesglaube in Portugal innerhalb von zwei Generationen vollständig ausgerottet werden solle.
Konfessionelle Schulen wurden geschlossen, Gottesdienste verboten, Klöster aufgehoben – und nun stand diese politische Macht ratlos vor drei einfachen Hirtenkindern.
Unter dem Vorwand, die Kinder vor den Ortspfarrer führen zu wollen, wurden sie am 13. August aus der Obhut ihrer Familien entführt und in das Gefängnis der Kreisstadt Ourém gebracht. Dort verbrachten sie die Tage vom 13. bis 15. August.
Im Gefängnis spielten sich ergreifende Szenen ab. Lucia berichtet:
„Jacinta litt am meisten unter der Abwesenheit unserer Eltern. Mit tränenüberströmtem Gesicht klagte sie: ‚Weder deine noch meine Eltern sind gekommen, um uns zu besuchen. Sie haben nichts mehr für uns übrig.‘
Francisco versuchte sie zu trösten und sagte: ‚Weine nicht, opfern wir es Jesus für die Sünder auf.‘
Dann hob er die Augen zum Himmel und betete:
‚O mein Jesus, es ist aus Liebe zu Dir und für die Bekehrung der Sünder.‘
Jacinta fügte hinzu: ‚Und auch für den Heiligen Vater und zur Wiedergutmachung der Sünden,
die gegen das Unbefleckte Herz Mariens begangen werden.’“
Die Kinder Marto wurden getrennt von Lucia verhört. Man drohte ihnen, sie bei lebendigem Leib zu braten, falls sie nicht zugäben, dass die Erscheinungen eine Lüge oder Sinnestäuschung gewesen seien.
Die Kinder nahmen diese Drohung ernst. Sie bereiteten sich innerlich auf den Tod vor. Trotz ihrer Entschlossenheit, lieber zu sterben als die Wahrheit zu leugnen, weinte Jacinta. Lucia fragte sie:
„Warum weinst du?“
Jacinta antwortete: „Weil wir sterben werden, ohne unsere Väter und Mütter wiederzusehen. Ich möchte wenigstens meine Mutter noch einmal sehen.“
Lucia fragte weiter:
„Willst du denn nicht alles für die Bekehrung der Sünder aufopfern?“
Jacinta rief entschlossen: „Ich will, ich will!“
Und sie wiederholte sofort das Aufopferungsgebet, das sie zuvor gemeinsam mit Francisco gesprochen hatte.
Das Verhalten der Kinder beeindruckte sogar die übrigen Gefangenen. Als die drei begannen, den Rosenkranz zu beten, stimmten einige Mithäftlinge ergriffen mit ein.
Schließlich ließ man die Kinder wieder frei. Die antikirchliche Staatsmacht musste erkennen, dass selbst Drohungen und Einschüchterung an drei furchtlosen Kindern gescheitert waren, die bereit waren, für ihren Glauben zu sterben.
Vielleicht hat Gott diese Verhöre zugelassen, damit durch das schriftliche Zeugnis selbst der Gegner von Fatima offenbar würde, was sich damals wirklich ereignet hat.
Der 13. August verstrich, ohne dass die Kinder zur Cova da Iria gelangen konnten. Sie waren traurig, doch warteten geduldig auf den 13. September.
Doch schon wenige Tage später, am 19. August, als die Kinder mit ihren Schafen eine neue Weide bei Valinhos suchten, ereignete sich Unerwartetes: Lucia bemerkte erneut das Licht, das immer der Ankunft der Gottesmutter vorausging – ein leuchtender Blitz.
In Valinhos, abseits der Cova da Iria, erschien die Gottesmutter den Kindern – ein Zeichen des Trostes und der Bestätigung vom Himmel.
Auch diesmal bat sie sie inständig:
„Betet, betet viel den Rosenkranz – für die Bekehrung der Sünder.“
Erneut kündigte sie ein großes Wunder für den letzten Erscheinungstag an, „damit alle glauben“.
Bevor sie verschwand, sprach sie mit Nachdruck:
„Betet, betet viel und bringt Opfer für die Sünder,
denn viele Seelen kommen in die Hölle,
weil sich niemand für sie opfert und für sie betet.“
Nach diesen Worten erhob sie sich und verschwand – wie gewohnt – in Richtung Osten.
